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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 06.04.2004


Wolken ziehen vorüber. Zu sehen im Deutschen Theater
Sabine Grunwald

Ist es möglich, einen Stoff von Aki Kaurismäki auf die Bühne zu bringen? Stephan Kimmig versucht sich an einer Adaption. In den Hauptrollen: Katharina Schmalenberg und Ingo Hülsmann




Der Vorhang öffnet sich und wir sehen im Hintergrund das Restaurant "Dubrovnik". Sein Charme der 60er Jahre zieht nur noch wenige Stammgäste an. Bohemiens und ExzentrikerInnen wissen die Nostalgie der Lokalität zu schätzen, doch bringen sie nicht den benötigten Umsatz. Das Lokal, das bereits seit 38 Jahren existiert steht kurz vor der Pleite.

Im Vordergrund der Bühne befindet sich die Wohnung von Ilona (Katharina Schmalenberg) und Lauri (Ingo Hülsmann) . Ein Schlafzimmer auf der rechten und eine Wohnküche auf der linken Seite. Ilona arbeitet als Oberkellnerin und Lauri als Straßenbahnfahrer. Für das Ehepaar brechen bittere Zeiten an, als Lauri seine Anstellung verliert und er aus gesundheitlichen Gründen die neue Stelle als Busfahrer nicht antreten kann. Weiter bergab geht es mit den beiden, als das "Dubrovnik" schließen muss und auch Ilona ihre Arbeit los ist. Der mutlose Ehemann verkauft das gemeinsame Auto. Er setzt alles auf eine Karte, im Spielcasino verliert er den gesamten Erlös. Ilona findet vorübergehend einen Job in einer Snack-Bar, muss aber gehen, als Steuerprüfer den Laden dicht machen.

Kurz vor dem endgültigen Absturz kommt die ehemalige Chefin Frau Grönholm (Christine Schorn) mit dem Angebot, in ein neues Lokal zu investieren. Voller Elan baut Ilona zusammen mit der alten Crew des "Dubrovnik" die neue Restauration, genannt "Arbeit" auf.
Die Eröffnung scheint zum Desaster zu werden, als die Gäste ausbleiben. Doch gegen Abend meldet sich eine größere Gruppe zum Essen an.
Das Stück endet mit dem Lied "Wolken ziehen vorüber", gesungen von Markus Allan.

"Ich wusste nicht, was ich gefunden hatte, als ich dich um einen Tanz bat. Sie spielten ein beschwingtes Lied, du sagtest: komm näher: Alles versteckte sich als der Mond hinter den Wolken verschwand, und der Park wurde dunkel, und es gibt für alles einen Grund. Die Band macht eine Pause, und ich möchte dich heimbegleiten. Du lachst nur leise, und die anderen drehen sich um. Die Nacht ist noch nicht vorbei, die Platte dreht sich noch, und ich kann nur warten. Die Wolken ziehen in der Ferne dahin, du greifst vergeblich nach ihnen, die Wolken ziehen in der Ferne dahin, genauso wie ich..."

Der sprachliche und szenische Minimalismus von Aki Kaurismäkis Filmen zeigt sich auch in der Theaterfassung, doch wurde die charakteristische Tristesse gekoppelt mit seiner unnachahmlichen Skurrilität und Komik nicht ganz getroffen. Die beiden ProtagonistInnen gaben eine gute Figur ab. Auch weitere Rollen, der Türsteher Melartin (Horst Lebinsky) und der Koch Lajunen (Michael Gerber) sind gut besetzt. Doch fehlten die schlafwandlerisch, sicheren träumerischen Untertöne, die Kaurismäkis Filme auszeichnen. Das Stück, gutes Handwerk, bewegte sich vor allem im Mittelmaß, ohne Extreme, weder positive noch negative. Das unruhige Hüsteln im Zuschauerraum ließ ebenfalls darauf schließen, dass das Publikum weit davon entfernt war, wirklich gefesselt zu sein. Der Abschlussapplaus war freundlich, aber das war´s dann auch!

Aki Kaurismäki, geb. am 4.4.1957 in der Nähe von Helsinki, Regisseur, Autodidakt. Der internationale Durchbruch gelang ihm 1988 mit "Ariel". Weitere Filme: "Schatten im Paradies" (1986), "Das Mädchen aus der Streichholzfabrik", "I hired a Contract Killer" (beide 1990), "La Vie de Bohème" (1992), "Der Mann ohne Vergangenheit" (2002). Seit 1989 lebt der Filmemacher mit seiner Frau, der Malerin Paula Oinonen, überwiegend in Portugal.

Regie: Stephan Kimmig, Bühne: Claudia Rohner, Kostüme: Heide Kastler, Musik: Michael Verhovec
DarstellerInnen: Aylin Esener, Katharina Schmalenberg, Christine Schorn, Michael Gerber, Ingo Hülsmann, Stefan Kaminski, Horst Lebinsky, Michael Prelle, Dem Hilsinki Playback Orchestra




Wolken ziehen vorüber
Deutsches Theater
Schumannstraße 13 A
10117 Berlin
Kartentelefon: 030-28441-225
Öffnungszeiten: Mo-Sa 11 - 18.30 Uhr, So und Feiertage 15. - 18.30 Uhr
Spielzeiten: Premiere: 3. April, 15.04., 24.04., 01.05., 13.05., 27.05., 01.06., 13.06. 27.06., 01.07., 13.07.2004
Informationen im Netz unter:
www.deutschestheater.de



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Beitrag vom 06.04.2004

Sabine Grunwald